Wissenschaftscoaching für Mediziner und Therapeuten
Wissenschaftkompetenz als Basis für die optimale Patientenversorgung
Aus- und Fortbildungen im Bereich der Medizin und Psychotherapie sind im Grunde auf die Behandlung, Therapie und Betreuung von Menschen mit körperlichen, psychosomatischen und psychiatrischen Erkrankungen ausgerichtet. Hingegen ist die Erarbeitung der Befähigung zum wissenschaftlichen Arbeiten und die Aneignung von Kenntnissen der Biostatistik, Epidemiologie und Methoden der Therapieforschung eher nachrangig.
In den letzten Jahren hat sich im Medizinstudium und in der Psychotherapieausbildung diesbezüglich einiges verbessert und die Anforderungen an die wissenschaftliche Abschlussarbeit wurden deutlich gesteigert. Eine Forschungskompetenz, wie sie z.B. in einem Studium der Biologie oder Psychologie vermittelt und erarbeitet wird, ist jedoch in weiter Ferne bzw. gar nicht vorgesehen.
Die gezielte Weiterentwicklung der Wissenschaftskompetenz im Bereich der Medizin und Psychotherapie kann in einem PhD-Studium, im Rahmen von Vorträgen und Seminaren, mittels autodidaktischer Weiterbildung sowie mithilfe eines Wissenschaftscoachings erfolgen.
Wozu als Mediziner oder Therapeut professionelle wissenschaftliche Kompetenzen aneignen?
Die Motivation zur Erlangung einer erweiterten Forschungskompetenz hat im Allgemeinen folgende Hintergründe:
- Auf dem neuesten Stand der Forschung professionell im Berufsfeld zu agieren.
- Wissenschaftliche Fachartikel einschließlich darin verwendeter medizinisch-statistischer und epidemiologischer Methoden zu verstehen.
- Neueste Forschungsergebnisse und Erkenntnisse gezielt und verständlich den Kollegen, Patienten und der Öffentlichkeit gegenüber zu kommunizieren.
- Sich unter Experten der fachlich-wissenschaftlichen Diskussion stellen zu können.
- Eine wissenschaftliche Arbeit auf hohem Niveau zu verfassen.
- In internationalen peer-reviewed Journals zu publizieren.
- Als Mediziner oder Lehrtherapeut qualifiziert und methodisch-versiert Diplomarbeiten zu betreuen.
Möglichkeiten der wissenschaftlichen Aus- und Fortbildung im Bereich der Medizin und Psychotherapie
Diplomstudium
An den Universitäten werden einige Lehrveranstaltungen zum wissenschaftlichen Arbeiten angeboten, die der Vorbereitung für die Diplomarbeit dienen. Z.B. sind an der MedUni Wien die speziellen Studienmodule (SSMs) in medizinischer Wissenschaft verpflichtende Ausbildungsteile des Studiums der Medizin.
Doktoratsstudium und berufsbegleitende postgraduale Lehrgänge
Die Aneignung über das Diplomstudium hinausgehender wissenschaftlicher und methodischer Kompetenzen erfolgt idealerweise im Rahmen eines Doktoratsstudiums, z.B. mit einem PhD oder Doktorat der medizinischen Wissenschaft, wie es an der MedUni Wien angeboten wird.
Vorträge und Seminare
Am effizientesten sind berufsbegleitende wissenschaftliche Fortbildungen in Form von Vorträgen, Seminaren und Workshops. Im Allgemeinen geht es dabei um wichtige Forschungserkenntnisse aus den Fachbereichen. Zudem werden Fortbildungen zur Aneignung und Weiterentwicklung von Kenntnissen der klinischen Forschung und Pharmaforschung angeboten, einschließlich der Vermittlung von Kenntnissen der medizinischen Statistik und Epidemiologie.
Autodidaktische Fortbildung
Die selbstständige Aneignung von Fachwissen und Fertigkeiten mithilfe von Lehrbüchern, Fachliteratur und wissenschaftlichen Publikationen ist die flexibelste und günstigste Form der wissenschaftlichen Fortbildung. Insbesondere weil es mittlerweile möglich ist, viele Lerninhalte und Kompetenzen kostenfrei online zu erlernen.
Wissenschaftscoaching
Während im Businessbereich das Coaching für Experten schon lange etabliert ist, handelt es sich beim Wissenschaftscoaching um ein relativ neuartiges Coachingangebot. Bei der Wahl des Wissenschaftscoachings ist zwischen allgemeiner wissenschaftlicher Fortbildung und fachwissenschaftlicher Unterstützung zu differenzieren.
Das allgemeine wissenschaftliche Coaching konzentriert sich auf die Weiterentwicklung grundlegender wissenschaftlicher Kompetenzen wie
- Themenfindung, Literaturrecherche, Zitierregeln und Aufbau einer wissenschaftlichen Arbeit,
- Kenntnisse der Wissenschaftstheorie, Forschungsmethoden, Erhebungsmethoden und Statistik sowie
- Selbstorganisation, Problemlösungsfähigkeit und Umgang mit den typischen Schwierigkeiten, Krisen, Schreibblockaden, Befürchtungen und Widerständen im wissenschaftlichen Arbeits- und Publikatonsprozess.
Bei der fachwissenschaftlichen Unterstützung hat der Wissenschaftscoach im jeweiligen Fachgebiet selbst geforscht und unterrichtet. Dadurch ist der Lehrende auch mit den spezifischen Anforderungen, Forschungsmethoden und Inhalten des Fachgebiets vertraut und kann im Rahmen des Coaching zudem diese spezifische Fachkompetenz an den Klienten weitergeben.
Ferner ist der Unterschied zwischen Wissenschaftscoaching und wissenschaftlicher Beratung zu beachten. In einer Beratung werden dem Klienten Lösungsvorschläge zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder statistischen Problemstellung gegeben. Beim statistischen Consulting wird manchmal sogar die Datenauswertung und das Verfassen des Kapitels “Daten und Methoden” übernommen. In diesem Fall muss der Berater in der wissenschaftlichen Publikation als Co-Autor genannt werden.
Hingegen erfolgt beim Wissenschaftscoaching keine Beratung, denn die damit verbundenen Empfehlungen, Lösungsvorschläge und Hilfestellungen würden den Lern- und Entwicklungsprozess beeinträchtigen bzw. übergehen. Vielmehr geht es um die Entwicklung der Kompetenz zur eigenständigen Lösungsfindung und Problembearbeitung, wobei der Coach den Klienten als förderlicher Lehrender und kompetenter Fachexperte zielführend begleitet. → Wissenschaftscoaching für Studierende und Doktoranden