Psychotherapie, Psychiatrie und Psychologie
Befähigungen und Ausbildung von Psychotherapeuten, Psychiatern und Psychologen
Die Behandlung psychischer Krankheiten ist ausschließlich diesen drei Berufsgruppen vorbehalten, wobei sich die Kernkompetenzen folgendermaßen verteilen:
- In einer Psychotherapie werden im Rahmen der professionell aufgebauten psychotherapeutischen Beziehung die Hintergründe der psychischen Störung aufgedeckt und behandelt, persönliche Ressourcen gefördert und problematische Verhaltens- und Denkmuster bearbeitet. Psychotherapie ist vorwiegend Persönlichkeitsentwicklung und Beziehungsarbeit.
- Die klinische Psychologie ist zuständig für professionelle Psychotests und für ziel- und lösungsorientierte Interventionen in Hinsicht auf die psychischen Symptome und den damit verbundenen Problemen.
- Die psychiatrische Behandlung erfolgt hauptsächlich mit ärztlichen bzw. psychiatrischen Gesprächen und Psychopharmaka.
Psychotherapie
Psychotherapie ist ein eigenständiges wissenschaftlich anerkanntes Heilverfahren für psychische und psychosomatische Leidenszustände und Verhaltensstörungen. Aufgrund der wissenschaftlich nachgewiesenen Wirksamkeit und Nachhaltigkeit werden psychotherapeutische Behandlungen von den Krankenkassen finanziert.
Vor allem geht es in einer Psychotherapie um Persönlichkeitsentwicklung und um die Fähigkeit, sich auf andere einzulassen und mit anderen in Beziehung zu sein. Angehende Psychotherapeuten erfahren deshalb zuerst eine langjährige Psychotherapie an sich selber und in der Ausbildung wird eine besondere Aufmerksamkeit auf die fachlich aufgebaute Beziehungsgestaltung gelegt.
Ausbildung zum Psychotherapeuten
Psychotherapeuten absolvieren zuerst das sogenannte psychotherapeutische Propädeutikum, welches die Grundlagen der Psychotherapie, Psychiatrie und Psychologie vermittelt. Das Propädeutikum kann nebenberuflich in Form von Abend- und Wochenendseminaren oder im Rahmen eines dreijährigen Bachelorstudium der Psychotherapiewissenschaften an einer Privatuniversität absolviert werden.
Auf dem psychotherapeutischen Propädeutikum aufbauend folgt das Fachspezifikum in der jeweiligen staatlich anerkannten psychotherapeutischen Methode. Die Voraussetzung für die Zulassung zum Fachspezifikum sind ein Mindestalter von 24 Jahren, die psychische Eignung (Zulassungsgespräche und Zulassungsseminar), das absolvierte Propädeutikum und eine abgeschlossene Ausbildung in einem Quellenberuf (z.B. Studium Medizin, Psychologie, Philosophie, Diplom-Krankenpflege, Psychotherapiewissenschaften, Pädagogik, Sozialarbeit, Musiktherapie). Das Gesundheitsministerium kann auf Antrag auch andere Qualifikationen akzeptieren, als die vorgegebenen Quellenberufe.
Die Ausbildung mit Propädeutikum und Fachspezifikum dauert im Regelfall 7 Jahre und wird meist nebenberuflich absolviert. Insgesamt umfasst die Ausbildung 1100 Stunden Theorie, 1630 Stunden Praxis, 170 Stunden Supervision sowie mindestens 425 Stunden psychotherapeutische Selbsterfahrung in Einzel- und Gruppentherapie.
Psychotherapeutische Medizin
Mit der Ausbildung in psychotherapeutischer Medizin – dem sogenannten PSY 3 – erlangen Ärzte die Kompetenz, psychotherapeutisch zu arbeiten. Ähnlich wie Psychotherapeuten sind sie in einer psychotherapeutischen Orientierung (tiefenpsychologisch, verhaltenstherapeutisch, systemisch oder humanistisch) spezialisiert und sie absolvieren ebenfalls eine längere psychotherapeutische Selbsterfahrung.
Ausbildung zum Arzt für Psychotherapeutische Medizin
Nach abgeschlossenem Medizinstudium sind die Module PSY 1 (Psychosoziale Medizin), PSY 2 (Psychosomatische Medizin) und PSY 3 (Psychotherapeutische Medizin) zu absolvieren. Die neue PSY-Ausbildung entspricht weitgehend einer Psychotherapieausbildung unter Berücksichtigung der ärztlichen Anforderungen und Eigenheiten. Ein Ausbildungsschwerpunkt ist z.B. die ärztliche Tätigkeit unter psychotherapeutischen Gesichtspunkten, wobei der Arzt den Menschen als bio-psycho-soziale Einheit versteht.
Die PSY-Module (ÖAK-Diplom) umfassen zusammen 2530 Stunden und werden im Allgemeinen innerhalb von 6 Jahren absolviert. Mit Medizinstudium und Ärzteausbildung dauert die Ausbildung zum Arzt für Psychotherapeutische Medizin also insgesamt 12 Jahre.
Psychiatrie
Ziel der Psychiatrie ist die Prävention, Diagnostik, Therapie und Erforschung psychischer Störungen. Die Behandlung erfolgt vorwiegend mit Medikamenten und Gesprächen. Das Verschreiben von Psychopharmaka ist ausschließlich eine ärztliche Berechtigung. Psychotherapeuten und Psychologen dürfen hingegen keine Medikamente verordnen bzw. empfehlen.
Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin
Psychiater absolvieren ein Medizinstudium (6 Jahre) und im Anschluss daran eine Facharztausbildung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin in der Dauer von weiteren 6 Jahren. Nach der neuen Ausbildungsrichtlinie ist während der psychiatrischen Facharztausbildung das PSY 3 (Psychotherapeutische Medizin) zu absolvieren. Somit beträgt die Ausbildungsdauer insgesamt 12 Jahre.
Klinische Psychologie
Psychologie
Die Psychologie ist die Lehre von der Psyche. Sie beschreibt und erklärt das Erleben, das Verhalten und die psychische Entwicklung des Menschen. Psychologen dürfen keine Krankenbehandlung durchführen. Dazu ist eine Zusatzausbildung in klinischer Psychologie zu absolvieren.
Klinische Psychologie
Die klinische Psychologie befasst sich mit der Diagnostik, Beratung und Behandlung psychisch und psychiatrisch kranker Menschen. Mithilfe der klinisch-psychologischen Diagnostik können Entscheidungen über das Vorliegen psychischer Störungen und über die weitere Vorgehensweise zuverlässiger getroffen werden.
Die Behandlung selbst erfolgt meist beim Psychiater und Psychotherapeuten. Klinische Psychologen können und dürfen aber auch selbst behandeln. Die klinisch-psychologische Behandlung baut auf die klinisch-psychologische Diagnostik auf und setzt ziel- und lösungsorientiert konkret an der Problematik an.
Ausbildung zum Klinischen Psychologen
Die Ausbildung umfasst ein Psychologiestudium und einen Lehrgang in klinischer Psychologie mit 340 Stunden Theorie sowie einer praktischen Fachausbildungstätigkeit im Ausmaß von 2098 Stunden zzgl. 120 Einheiten Supervision und 76 Einheiten Selbsterfahrung. Die gesamte Ausbildungsdauer beträgt bei klinischen Psychologen mindestens 7 Jahre.
Psychologische Beratung
Lebens- und Sozialberater dürfen Menschen bei den typischen Lebensproblemen und in schwierigen Entscheidungssituationen psychologisch beraten, unterstützen und betreuen, sofern den persönlichen Problemen keine krankheitswertige Störung zugrunde liegt. Die psychologische Beratung ist in Österreich ein geschütztes, reglementiertes Gewerbe, für das der Befähigungsnachweis als zertifizierter Lebens- und Sozialberater erbracht werden muss.
Ausbildung zum psychologischen Berater
Die Ausbildung zum zertifizierten Lebens- und Sozialberater dauert mindestens fünf Semester und umfasst 584 Stunden Unterricht in Theorie und Praxis, 650 Stunden fachliche Tätigkeit unter Supervision, 100 Stunden Supervision und 30 Stunden Selbsterfahrung. Außer einer abgeschlossenen Schulausbildung und allgemeiner Berufserfahrung sind keine Qualifikationen für den Zugang zur Ausbildung erforderlich.
Literaturquellen
- Akademie der Ärzte: Psychotherapeutische Medizin (PSY-III)
- Beneder Doris et al. Positionspapier zur Unterscheidung zwischen Psychotherapie und psychologischer Behandlung. Gesellschaft kritischer Psychologen und Psychologinnen (GkPP).
- Huber Franz et al. Positionspapier zur Unterscheidung zwischen Psychotherapie und psychologischer Behandlung. Österreichischen Bundesverbands für Psychotherapie (OBVP).
- Gewerbeordnung in der geltenden Fassung 2002 für Lebens- und Sozialberatung (PDF, 138 KB)
- Kwapil Nadja und Tekal Rony. Psychologen, Psychotherapeuten, Psychiater – die dreieiigen PSY Drillinge oder: wer hilft mir jetzt? ORF-Gesundheitsredaktion.
- Psychologengesetz 2013.
- Psychotherapiegesetz 1990.