Sozialangst
Kommunikationstraining oder Therapie bei Angst vor schwierigen Situationen der sozialen Interaktion?
Die Angst vor bestimmten sozialen Situationen bzw. eine Unsicherheit in schwierigen oder ungewohnten Kommunikationssituationen wird soziale Angst genannt. Dabei kann es sich um eine normale Anspannung und Nervosität handeln, aber auch um eine Sozialphobie.
Während die sichere, selbstbewusste Kommunikation in schwierigen Situationen und das souveräne, kompetente Auftreten bei Präsentationen im Rahmen eines Kommunikationstrainings erlernt und trainiert werden kann, ist bei einer sozialen Phobie eine Psychotherapie die adäquate Hilfestellung.
Soziale Phobie oder normale soziale Angst
Schwierige Situationen der sozialen Interaktion
Die typische Anspannung und Nervosität in schwierigen, ungewohnten und peinlichen Kommunikationssituationen ist eine normale Stressreaktion. Im Kommunikationstraining werden die entsprechenden Kenntnisse vermittelt und Kommunikationsstrategien trainiert, um in allen beruflichen und privaten Situationen der sozialen Interaktion authentisch, selbstbewusst, körperbewusst, wertschätzend und anregend kommunizieren zu können.
Bedrohliche und gefährliche Situationen
Für bestimmte Berufsgruppen (psychiatrisches Personal, Sicherheitspersonal) ist ein Deeskalationstraining und Selbstverteidigungstraining sinnvoll, um auch in fordernden Kommunikationssituationen und mit aggressiven Menschen selbstsicher und zielführend reden zu können.
Ein sensibles Thema sind die Sozialängste bestimmter Personengruppen, die häufiger ausgrenzt, abgelehnt und beleidigt oder sogar körperlich angegriffen werden. Hier handelt es sich definitiv nicht um eine Sozialphobie, sondern um eine begründete Sozialangst. Ich biete diesen Menschen ein spezielles Kommunikationstraining mit den Schwerpunkten sicheres Auftreten, Blend-In/Stand-Out und Deeskalation an.
Präsentationen, Bewerbungsgespräche und Prüfungen
Auch das Lampenfieber vor Aufritten, die Redeangst beim Vortragen und die Ängste vor Bewerbungsgesprächen haben selten etwas mit einer Sozialphobie zu tun. Öffentliche Auftritte und anspruchsvolle Fachvorträge mit anschließender Fragenbeantwortung und Diskussion sind eine große Herausforderung, bei der Hemmungen, Redeangst und Stresszustände ganz normal sind, insbesondere wenn die Routine fehlt.
Bei Prüfungsängsten kann es sich in bestimmten Fällen um eine soziale Phobie handeln, z.B. wenn es mehr um die unbegründete Angst vor prüfender Betrachtung, Kritik und Ablehnung geht und weniger um die reale Angst vor dem Scheitern bei der Prüfung. Führen jedoch ungeeignete Lern- und Prüfungsstrategien, eine Überforderung mit dem Lernstoff oder ein strenger, unfreundlicher Prüfer zu Prüfungsstress, Versagensängsten und Sozialangst, ist ein Lern- und Prüfungscoaching oder Tutoring die passende Hilfe.
Soziale Ängste im späten Jugend- und jungen Erwachsenenalter
Besonders häufig sind soziale Ängste bei jungen Menschen in der Entwicklungsphase vom späten Jugendalter bis zum vollen Erwachsensein zu beobachten. Der Grund liegt darin, dass die fragile Lebensphase von der Jugend bis zum vollen Erwachsensein aufgrund der enormen hirnorganischen und psychosozialen Veränderungen generell häufiger von Ängsten und Unsicherheit geprägt ist.
Mit wachsendener Lebenserfahrung, erfolgreicher Potentialentfaltung und zunehmender Autonomie wächst auch das Selbstvertrauen. In der Folge können befremdliche, peinliche und irritierende Situationen leichter, gelassener und sicherer bewältigt werden.
Durch das ständige Üben des Sozialverhaltens im Rahmen der alltäglichen Herausforderungen in Schule, Studium und Beruf können sich soziale Ängste sogar ganz herauswachsen. Besonders wichtig sind dabei die Gespräche und Aktivitäten innerhalb der Peer-Group, wobei die Peer-Group insgesamt einen großen Stellenwert bei den Entwicklungsaufgaben im späten Jungend- und jungen Erwachsenenalter hat.
In manchen Fällen halten sich die sozialen Ängste aber hartnäcktig. Ist die persönliche und fachliche Entfaltung durch extreme oder unüberwindbare soziale Ängste eingeschränkt und besteht dadurch ein erheblicher Leidensdruck, kann von einer Sozialphobie bzw. sozialen Angststörung ausgegangen werden.
Entscheidend ist, ob die Ängste allein und mithilfe von Freunden, Bezugspersonen, Lehrern, etc. noch überwunden werden können. Wenn das nicht mehr der Fall ist, kann eine Psychotherapie weiterhelfen.
Merkmale einer sozialen Phobie
Die soziale Phobie wird den neurotischen Störungen zugeordnet. Ein wesentliches Merkmal einer neurotischen Angststörung ist, dass sich die Betroffenen der Irrealität ihrer Befürchtungen bzw. ihrer übersteigerten ängstlichen Reaktion bewusst sind.
Spezifische Sozialphobie
Kennzeichnend für eine spezifische Sozialphobie ist die versuchte Vermeidung spezifischer Situationen der sozialen Interaktion aufgrund irrealer Ängste. Die Betroffenen sind meist sehr gesellig und gesellschaftlich sicher, aber in diesen bestimmten Situationen fühlen sie sich überfordert.
Dabei fürchten sie nicht die gefahrlose soziale Situation an sich, sondern die prüfende Betrachtung, die versteckte Kritik, die hintergründige Ablehnung, das peinliche Geschehen und das beschämende Gefühl, das dabei möglicherweise auftreten könnte.
Die dabei auftretenden Angst- und Stresszustände äußern sich häufig in Erröten, Händezittern, Übelkeit oder Drang zum Wasserlassen. Die Betroffenen glauben manchmal, dass dieses Symptom das eigentliche Problem ist.
Spezifische soziale Ängste können das Sozialleben und berufliche Vorankommen beträchtlich hemmen. Oft sind es Ängste vor banalen alltäglichen Situationen und Handlungen, die zum sozialen Rückzug führen, wie der Smalltalk in einem Bereich, der ansonsten von Arbeit und Leistung geprägt ist oder die Angst davor, beim gegenseitigen Zutrinken mit dem Glas in der Hand zu zittern.
Allerdings kann das Unbehagen in scheinbar ungefährlichen sozialen Situationen auch ein Zeichen dafür sein, sich in einem entwertenden, kränkenden, manipulativen Umfeld zu befinden, dem man sich besser fernhält. Meist ist in so einer Umgebung die problematische Beziehungsdynamik nicht offensichtlich, sondern geschieht subtil und unbewusst. Siehe dazu auch meinen Artikel über psychische Abwehrmechanismen. Die Psyche bzw. das Unbewusste des Gesunden reagiert hier mit Unbehagen, Beklemmung und Ängsten, weil ein problematisches soziales Umfeld die seelische und körperliche Gesundheit erheblich beeinträchtigen kann.
Generalisierte soziale Angststörung
Die generalisierte Form der sozialen Phobie ist durch eine generelle Angst vor Situationen der sozialen Interaktion gekennzeichnet. Dabei ist die Sozialangst von der Bindungsangst abzugrenzen. Während sich Betroffene einer Sozialangst ängstlich-vermeidend hinsichtlich sozialer Situationen verhalten, sind Betroffene einer Bindungsproblematik ängstlich-vermeidend und selbstunsicher hinsichtlich zwischenmenschlicher Beziehungen. Dementsprechend wird hier von einer ängstlich-vermeidenden bzw. selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung gesprochen.